Erben bezeichnet die Übertragung von Werten, Fähigkeiten, Beziehungen und Reichtum von Generation zu Generation und betrifft somit nicht nur die Ausstattung mit finanziellen Ressourcen, sondern auch mit Human- und Sozialkapital. Bezogen auf das Erbgut bedeutet das etwa Vor- oder Nachteile für Begabung und Gesundheit. Übertragen werden aber auch Fertigkeiten, Wissen und soziale Netze. Dies führt zu unterschiedlichen Bildungs- und Berufschancen je nach Herkunft. So haben Kinder aus höheren Bildungsschichten eine wesentlich grössere Chance auf einen höheren Bildungsabschluss und eine erfolgreiche Berufskarriere. Im Folgenden fokussieren wir auf die Übertragung von finanziellen Ressourcen in Form von Erbschaften und Schenkungen. Wie sind die Chancen eine bestimmte Erbschafts- oder Schenkungssumme zu erhalten?
Piketty (2014) konnte mit Steuerdaten von 27 Ländern zeigen, dass die Bedeutung von Erbschaften seit den 1970er-Jahren deutlich zugenommen hat. Das gleiche gilt auch für die Schweiz (vgl. Brülhart 2019). Das Volumen von Erbschaften und Schenkungen schätzt Brülhart für 2011 auf 62 Mrd., was 17% des Volkseinkommens entspricht – mit steigender Tendenz. Insgesamt stammt gemäss Schätzungen rund die Hälfte des Vermögens aus einer Erbschaft oder Schenkung.
Erbschaften und Schenkungen sind ausgesprochen schief verteilt. Anhand neuerer Daten aus dem SNF Projekt «Ungleichheit, Armutsrisiken und Wohlfahrstaat» der Universität Bern und der Berner Fachhochschule konnte aufgezeigt werden, dass vom Volumen der Erbschaften und Schenkungen über eine Periode von 5 Jahren im Kanton Bern die 10% mit den grössten Erbschaften/Schenkungen mehr als zwei Drittel (68%) erhalten. Dem obersten Prozent fallen gar 36% zu, während sich die untere Hälfte der Begünstigten mit nur 5% des gesamten Volumens begnügen muss :