Verletzung der Normen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO): So lautet das wichtigste Argument, warum die Fachstelle Unternehmensanalyse der ABS 2018 den Online-Giganten Amazon schon in der allerersten Screening-Runde ablehnte. Tatsächlich gibt schon ein kurzes Surfen im Web zahlreiche Hinweise darauf, wie rücksichtslos sich der US-Konzern gegenüber seinen Beschäftigten verhält – gegenüber den Festangestellten, wohlgemerkt. Noch prekärer ist es für jene, die für die Tochter Amazon-Flex als Ich-AG Pakete vom Verteilzentrum zur Kundschaft transportieren. Diese Form des Mini-Unternehmertums ist in den USA, in vielen Regionen Deutschlands und anderen Ländern schon eingeführt. Zwar werden in unserem nördlichen Nachbarland den Fahrerinnen und Fahrern auf Abruf 25 Euro Stundenlohn vergütet. Doch der überdurchschnittliche Lohn täuscht: Sämtliche Kosten inklusive Anmeldung beim Gewerbeamt, Treibstoff, Unterhaltskosten am privaten Fahrzeug und Erwerbsausfall bei Unfall, Krankheit oder Ferien übernimmt die freiberuflich arbeitende Person selbst, der Nettolohn beträgt unter dem Strich um die 10 Euro. «Wenn schon das Mutterhaus punkto Sozialleistungen derart schlecht abschneidet, dann ist es sehr unwahrscheinlich, dass eine Tochter sie in Sachen Nachhaltigkeit übertrumpft», bilanziert Lutz Deibler aus seiner 15-jährigen Tätigkeit als Leiter der ABS-Fachstelle Unternehmensanalyse. Denn solche Firmen würden oft gerade deshalb gegründet, um sich beispielsweise den Pflichten eines Gesamtarbeitsvertrags zu entziehen.