Wie unser Fussabdruck entsteht

Klimaschutz und Klimawandel sind endlich in (fast) allen Parteien angekommen, und einzelne Städte haben sogar den Klimanotstand ausgerufen, wie es die jungen Demonstrantinnen und Demonstranten verlangen. Im Zentrum aller klimapolitischen Forderungen steht, dass wir unsere CO2-Emissionen massiv reduzieren. Aber wie wird dieser Fussabdruck genau berechnet, und was beinhaltet er alles?

Die wichtigsten Zahlen vorab: In der Schweiz verursacht jede Frau und jeder Mann durchschnittlich vierzehn Tonnen CO2-Äquivalente (CO2-eq)* im Jahr. Unser sogenannter Treibhausgas-Fussabdruck ist damit mehr als doppelt so gross wie der weltweite Durchschnitt, der bei sechs Tonnen liegt. Bis 2050 muss dieser Fussabdruck runter auf null Tonnen, und bereits ausgestossene Treibhausgase müssen aus der Luft entfernt werden. Gelingt das nicht, naht der Kollaps, denn die Belastbarkeit des Planeten mit seinen Ökosystemen ist beschränkt, und der Klimawandel wird zu grossen Herausforderungen im weltweiten Zusammenleben führen.

2018 veröffentlichte das Bundesamt für Umwelt (Bafu) die Studie «Umwelt-Fussabdrücke der Schweiz». Diese Analyse schaut die Entwicklung der Jahre 1996 bis 2015 an und benannte schon im Titel, was vielen nicht bewusst ist: Es gibt verschiedene Fussabdrücke. Und sie alle sind, was den Schweizer Konsum betrifft: zu gross. Die meisten liegen laut den Berechnungen des Studienteams weit über dem, was unser Planet an Belastbarkeit aushält, in der Schlussfolgerung der Studie steht: «Neben der Gesamtumweltbelastung sind insbesondere der Treibhausgas-Fussabdruck und der Biodiversitäts-Fussabdruck, aber auch der Material- und der Energie-Fussabdruck (2000-Watt-Gesellschaft) über den entsprechenden Schwellenwerten.»

Berechnet hat diese verschiedenen Fussabdrücke ein Team der Firma Treeze rund um den Ingenieur Rolf Frischknecht. Die Wissenschaftler untersuchten mit ihren Berechnungen auch, wo die Emissionen von all dem, was wir konsumieren, anfallen – respektive: wie die diesbezügliche Umweltbelastung im Verhältnis Inland zu Ausland aussieht. Die gute Nachricht: Im Inland nehmen die Emissionen ab. Die schlechte: Jene im Ausland steigen dafür stark an.

Herausgefunden haben das Rolf Frischknecht und seine Kolleginnen und Kollegen, indem sie in verschiedenen Bundesämtern Daten zu Emissionen und Ressourcenverbrauch im Inland gesammelt haben. Danach errechneten sie die Umweltbelastung der im Ausland hergestellten und importierten Produkte, zuletzt zogen sie die Umweltbelastungen der in der Schweiz produzierten, aber für den Export bestimmten Waren und Dienstleistungen ab. Auch die Aussenhandelsstatistik sowie die Zahlungsbilanz der Schweizerischen Nationalbank waren Datenquellen. «Wir können mit diesen Daten den gesamten Lebenszyklus der Güter und Dienstleistungen abdecken – von der Rohstoffgewinnung über die industrielle Produktion in der Schweiz und im Ausland bis zum Transport zu den Konsumentinnen und Konsumenten und der Entsorgung», erklärt Rolf Frischknecht.

Die so errechneten Zahlen sind als Durchschnittswerte zu verstehen und nicht als exakte Ermittlung der Auswirkungen unseres Lebensstils, denn die genaue Quantifizierung der Emissionen, die mit der Produktion, dem Transport, der Nutzung und dem Ende des Lebenszyklus der zahllosen in Anspruch genommenen Produkte und Dienstleistungen verbunden sind, wäre zu komplex. Das rechnerische Fazit: Rund drei Viertel der von unserer Inlandnachfrage verursachten Umweltbelastung entstehen im Ausland, also durch Importgüter.

Die Studie zeigt auch, dass der konsumbedingte Biodiversitäts-Fussabdruck – das heisst: der Artenverlust – pro in der Schweiz wohnhafter Person im Betrachtungszeitraum unter Einbezug von importierten Waren um 14 Prozent zunahm. Der Wasser-Fussabdruck wiederum  – er zeigt die Umweltbelastung durch den Wasserverbrauch jeder Person und trägt der Wasserknappheit in den einzelnen Ländern Rechnung – hat zwischen 1996 und 2015 um 40 Prozent zugenommen, insbesondere durch den Import von Landwirtschaftsprodukten aus wasserintensivem Anbau oder aus Ländern, in denen Wasser besonders knapp ist. Dies betrifft insbesondere Produkte aus den USA, Spanien, Indien, China, Italien und Pakistan.

Rolf Frischknechts grundsätzliches Fazit: «Die Umwelt-Fussabdrücke der Schweiz können nur auf ein planetenverträgliches Mass gebracht werden, wenn gleichzeitig in allen wichtigen Konsumbereichen – wie der Ernährung, dem Wohnen, der Mobilität – und auf allen verschiedenen Ebenen angesetzt wird, also bei der Versorgungskette, den Technologien und den Herstellungsverfahren und natürlich beim Konsum.»

Den Konsumentinnen und Konsumenten kommt eine wichtige Rolle zu, solange es keine konsequente Politik und keine griffigen Gesetze gibt, um die Umweltauswirkungen einzudämmen respektive den Systemwandel einzuleiten. Jeder Einzelne kann grundlegende Entscheidungen in Bezug auf seinen Lebensstil treffen und Druck auf die Institutionen und die Politik ausüben. Online-Rechner unterstützen bei der Suche nach Informationen und ermitteln die Umweltbelastung durch den eigenen Konsum.

Erste Anlaufstelle für den persönlichen Footprint hierzulande ist der Rechner des WWF, der von Christoph Meili betreut und weiterentwickelt wird. Meili arbeitet auch für die Firma ESU-services, von der auch die Artisans de la Transition die Daten für ihren Rechner «Klimaschutz im Alltag» beziehen. Beide Footprint-Rechner verfolgen aufklärerische Ziele, indem sie den Benutzerinnen und Benutzern konkrete Tipps dazu geben, wie sie ihr Verhalten ändern können. Die Rechner zeigen auch, dass jede in der Schweiz lebende Person einen nicht reduzierbaren Grundfussabdruck von rund vier Tonnen CO2-Äquivalenten hat. Er ergibt sich aus Leistungen der Verwaltung und der öffentlichen Hand, etwa für Polizei, Feuerwehr oder die Armee.

Genau ist die Berechnung des persönlichen Fussabdrucks nicht – aber sie zeigt ein erstes Bild der komplexen Auswirkungen unseres oft gedankenlosen Konsumverhaltens. Und wie diese Belastungen reduziert werden können.

* Das CO2-Äquivalent (kurz CO2-eq) ist eine Messgrösse, die berücksichtigt, wie stark sich verschiedene Treibhausgase auf das Klima auswirken. Über 100 Jahre gesehen, belastet z. B. der direkte Ausstoss von 1 kg Methan (Hauptbestandteil von Erdgas) das Klima gleich stark wie 30 kg CO2 und entspricht somit 30 kg CO2-eq.