Wir sind ständig in Bewegung, reisen hierin, reisen dorthin. Wie viel Lebenszeit verbringen wir im Auto, wie viele Stunden sitzen wir im Zug oder im Flugzeug! Und wenn wir nicht selbst leibhaftig in Bewegung sind, surfen wir im Internet und sind in virtuellen Welten unterwegs. Warum nur fällt es uns so schwer, an einem Ort zu bleiben? Woher nur dieser Widerstand dagegen, bei einer Sache oder einem Menschen zu verweilen? Warum diese Unrast? Es gibt von Bertolt Brecht ein passendes Gedicht. Es heisst «Der Radwechsel» und endet mit den Zeilen: «Ich bin nicht gern, wo ich herkomme. / Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre / Warum sehe ich den Radwechsel / mit Ungeduld?»
Die Ungeduld, so legt der Dichter nahe, ist der Grund der Unrast, die uns moderne Menschen treibt. Die Ungeduld jedoch ist eine bittere Frucht der Unzufriedenheit. Wer nicht gern da ist, wo er herkommt, und genauso wenig dort verweilen möchte, wo die Reise hingeht, fühlt sich auch im Hier und Jetzt nicht wohl. Denn jene tief quälende Unzufriedenheit verlässt ihn auch auf Reisen nicht. Beim Radwechsel – oder im Stau – dringt sie mit Macht ans Licht. Hier wird der eigentliche Grund unserer Mobilität erkennbar: Wir sind Getriebene der Unzufriedenheit. Und um sie nicht zu spüren, drehen wir uns immer schneller – bis die Spindel glüht.