(K)ein Schoggi-Jahr

Die kurze Reise in den peruanischen Amazonas findet in einem schlichten Sitzungszimmer in Bern Wankdorf statt: Christoph Inauen zeigt Bilder von Kakaokleinbäuerinnen und -bauern. Gemeinsam mit ihnen haben er und sein Freund Eric Garnier vor fünf Jahren Choba Choba gegründet. Auch ein Teil der 100 Hektaren hauseigenen Landes sowie Kakaobohnen bei der Fermentierung, Trocknung und Lagerung sind zu sehen. Dann erzählt der 39-Jährige vom erfolgreichsten und zugleich schwierigsten Jahr in der erst fünfjährigen Geschichte des Unternehmens. Diesen Herbst konnte Choba Choba in der Schweiz mit einer überraschend erfolgreichen Kampagne innert 24 Stunden das Aktienkapital um eine Mil­lion Franken erhöhen, allein im Umfeld der eigenen Netzwerke. Und ebenfalls seit Herbst ist Choba Choba mit einem kleinen Sortiment bei Coop erhältlich (siehe Verlosung unten). Ansonsten war das Jahr 2020 geprägt von der Corona-Pandemie, die das Unter­nehmen durchgeschüttelt hat.

Das Start-up folgt nicht, wie in der Branche üblich, jeweils dem tiefsten Preis und kauft die Kakaobohnen mal hier, mal dort auf dem Weltmarkt ein – bei Choba Choba sind die mitbesitzenden 35 Bäuerinnen und Bauern die alleinigen Produzierenden des wichtigsten Rohstoffs für die Schokolade. Den Preis bestimmen sie mit. Sie gehören damit zu den ganz wenigen der rund sechs Millionen Kakaobäuerinnen und -bauern weltweit, die un­abhängig vom sehr tiefen Weltmarktpreis produzieren können.
Die Beziehung zu den Produzierenden sei eng, man arbeite auf Augenhöhe zusammen, sagt Inauen: «Eric und ich lernten die Familien und ihre Realität durch unsere vorherigen Jobs sehr gut kennen. Irgendwann fragten sie uns, ob wir gemeinsam etwas aufbauen könnten, das ihre Lebensbedingungen noch mehr verbessern würde. Das war für uns der Anlass, aus der Industrie auszusteigen und Choba Choba aufzubauen. Wir arbeiteten zwar bereits im Fair-Trade-Bereich, aber das reichte uns nicht, wir wollten noch einen Schritt weitergehen.»

Die Covid-Pandemie intensivierte die Beziehung zu den Kakaobäuerinnen und -bauern auf unerwartete Weise. «Peru war zeitweise das Land mit der höchsten Corona- Sterblichkeitsrate weltweit», erklärt Inauen. Das Virus drang genau zur Erntezeit weit ins abgelegene Huay­a­bamba-Tal vor. Choba Choba organisierte Hygiene­materialien, Medikamente und sogar Sauerstoffflaschen – trotzdem verstarb einer der Bauern. «Ich war noch nie in einer Situation, in der ich mich so machtlos fühlte – und wo dies so schwerwiegende Konsequenzen hatte», erzählt der Unternehmer.

Inzwischen hat sich die Situation in Peru entschärft, die Ernte konnte trotz den schwierigen Umständen eingefahren werden. Und neu sind vier Choba-Choba-Tafeln schweizweit in 260 Coop-Filialen erhältlich. Dafür musste der Preis einer Tafel um satte zwei Franken reduziert werden. Wie geht das? «Qualität und Kakaopreis bleiben gleich», betont Inauen. «Die Preisreduktionen konnten wir dank mehr Volumen in der Verarbeitung und Ver­packung erzielen. Auch nehmen wir eine tiefere Marge in Kauf.» Nicht alle bisherigen Vertriebspartnerinnen und -partner begrüssten den Schritt. «Aber wir wollten zwei grosse Wünsche unserer Kundinnen und Kunden erfüllen: günstiger werden und die Schokolade auch dort anbieten, wo sie im Alltag einkaufen», erklärt Inauen. 
Der von der ABS gegründete Verein Innovationsfonds hat Choba Choba von Beginn an unterstützt und 2016 ein Darlehen von 100 000 Franken gesprochen. Einen grossen Teil hat das Jungunternehmen bereits zurückbezahlt. Christoph Inauen ist begeistert vom Inno­vationsfonds: «Trotz unserer langjährigen Erfahrung im Geschäft erhielten wir von Banken nur Absagen. Der Innovationsfonds ging das Risiko ein. Dank ihm können Projekte gestartet werden, von denen man noch nicht weiss, wie sie sich entwickeln werden, die aber einen grossen gesellschaftlichen Nutzen versprechen.»