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16.06.2021 von Rico Travella

Kreislaufwirtschaft realisieren

Kreislaufwirtschaft ist ein vielversprechender Ansatz, um begrenzte Ressourcen nachhaltiger ­einzusetzen. Die Alternative Bank Schweiz (ABS) engagiert sich seit Anfang 2020 verstärkt für die Kreislaufwirtschaft und vermittelt interessierten Unternehmen Expertise, ein engagiertes Netzwerk und Finanzierungen, um ihnen den Übergang von einem linearen Geschäftsmodell in die Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Dafür arbeitet die ABS mit Partnerorganisationen wie dem Kompetenz- und Beratungszentrum ­Rytec Circular zusammen. Im Gespräch erklären Raphael Fasko und Tom Koch von Rytec Circular, was Kreislaufwirtschaft ausmacht und wie sie realisiert werden kann.


Beitrag der ABS
Artikel in Thema autofrei
Foto: istockphoto.com
moneta: Was ist Kreislaufwirtschaft ­eigentlich?
Raphael Fasko (RF): Kreislaufwirtschaft ist eine Transformation der derzeit dominierenden «linearen» Wegwerfwirtschaft in einen mehr oder weniger geschlossenen Kreislauf. Die Vision ist ein gutes Leben für alle bei gleichzeitiger Wahrung der ökologischen Grenzen der Erde. Dies soll über die Schliessung, Verlang­samung und Verkleinerung von Produkt- und Materialkreisläufen erreicht werden. Rohstoffe sollen so effizient und so lange wie möglich genutzt und wiedereingesetzt werden. So entsteht ein System, das sich selbst regeneriert. Es deckt den Bedarf an Materialien und minimiert zugleich den Energiebedarf, schädliche Emissionen und Abfälle.

Wo liegt der Unterschied zu Recycling?

Tom Koch (TK): Kreislaufwirtschaft ist viel mehr als Recycling: Sie berücksichtigt alle Stufen der Wertschöpfungskette – von Produktdesign und Produktion über Vertrieb, Nutzung und Wartung bis hin zu Rücknahmesystemen, Recycling und Abfallmanagement. Die Nutzungsdauer von Produkten soll verlängert werden, zum Beispiel durch robusteres und reparaturfreundliches Design.

Was sind eure Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Unternehmen in der Schweiz?

RF: Wir erleben eine Öffnung: Immer mehr Unternehmen erkennen, dass die Kreislaufwirtschaft mittelfristig für sie «systemrelevant» ist. Es geht nicht nur um öko­logische Aspekte, sondern auch um ökonomische Chancen. Kreislaufansätze sind in Zukunft unverzichtbar, um im Wettbewerb zu bestehen und um die CO2-Intensität von Produkten weiter reduzieren zu können. Derzeit entstehen in unterschiedlichen Sektoren inspirierende Pilot- und Leuchtturmprojekte.

Vor welchen Herausforderungen steht ein Unternehmen, das auf Kreislaufwirtschaft umstellen möchte?

RF: Die erste Hürde ist, ein rentables Geschäftsmodell für die Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. Oft bedeutet dies Anpassungen auf mehreren Ebenen. Viele Themen werden schnell und gleichzeitig relevant, zum Beispiel: ein neuer Umgang mit Lieferketten, neue Designanforderungen bei Produkten, die Reverslogistik und Datenmanagement. Damit das alles gelingt, müssen erste pragmatische Schritte gefunden werden. Und die Mit­arbeitenden müssen die Vision und Logik hinter den Umstellungen verstehen.

Was ist die Rolle von Rytec Circular in einem typischen Projekt?

TK: Am Anfang unserer Zusammen­arbeit mit Unternehmen oder Organisationen besteht unsere Aufgabe vor allem darin, ihre Chancen in der Kreislaufwirtschaft zu identifizieren, sie bei der Entwicklung des Kreislauf-Geschäftsmodells und -designs zu unterstützen sowie bei der Integration in die Strategie und Alltagsprozesse. Oder wir sind ein Sparringpartner, der Alltagsprozesse und -entscheide unterstützt. Wir übernehmen zudem Moderationsaufgaben oder wirken als Dozierende bei Veranstaltungen und an Fachhochschulen.

Gibt es weitere Unterstützung bei der Umstellung auf Kreislauf­wirtschaft?

RF: Dank der Unterstützung des Bundesamts für Umwelt kann der Verein Reffnet, Netzwerk Ressourcen­effizienz Schweiz, bei der Realisierung der Kreislaufwirtschaft mithelfen: Die bei Reffnet zusammengeschlossenen Fachleute, darunter auch Rytec Circular, bieten kostenlose Beratungen an. Dabei sollen ökonomisch und ökologisch vorteilhafte Massnahmen für ein mögliches Kreis­laufwirtschaftsmodell identifiziert werden. Zudem werden die Einsparungen an CO2- sowie Umweltbelastungspunkten der gefundenen Massnahmen berechnet.

Weitere Informationen:


  • abs.ch/kreislaufwirtschaft
  • reffnet.ch und rytec-circular.ch: erste kostenlose individualisierte Beratung zu Kreislaufwirtschaft für Unternehmen und Organisationen in der Schweiz
  • circular-economy-switzerland.ch: Koordinations- und Austauschplattform für Kreislaufwirtschaft in der Schweiz
  • circularhub.ch: Der Circular Hub ist die offene Wissens- und Netzwerkplattform für die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz.
  • ellenmacarthurfoundation.org: Inter­national spielt die Ellen MacArthur Foundation eine zentrale Rolle für die Verbreitung und Umsetzung der Kreislaufwirtschaft. Sie bietet auf ihrer Website viele Ressourcen zum Thema. 

Zum Vormerken: Am 29. September 2021 findet ab 16 Uhr im Kulturpark in Zürich der Anlass «Die ABS und die Kreislaufwirtschaft» statt.

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