Das Silicon Valley bietet mit seinem hyperindividualisierten, technokratischen und urbanen Charakter den perfekten Nährboden für die Gig-Economy. Mangels staatlicher Infrastruktur und Regulierung und dank schier endlos verfügbarem Risikokapital können die Firmen ihre Umwelt ganz nach eigenem Gutdünken gestalten und ausbeuten.
Google und Apple haben eigene Buslinien, um die Arbeitenden zu transportieren, weil ein öffentlicher Verkehr fehlt. Wer nicht bei den Techunternehmen arbeitet, muss selber nach Lösungen schauen.
Dabei ist die Gig-Economy ein Produkt der Finanz- und Schuldenkrise. Airbnb wurde 2008 gegründet, ein Jahr später folgte Uber. Die neu gegründeten Plattformunternehmen profitierten davon, dass viele Arbeitende in den USA durch die Rezession ihren Job oder ihr Haus verloren hatten, und sie besassen die nötigen technischen Mittel, um die Situation optimal auszubeuten. Denn sie bieten eine schnörkellose Plattform und unkomplizierte Erwerbsmöglichkeiten. Typisch für die Gig-Economy ist auch die Rückkehr zu einer Lohnform, die als ausgestorben galt: dem
Stücklohn. Die Mitarbeitenden von Uber werden pro Fahrt und diejenigen von DoorDash pro Lieferung bezahlt, es gibt weder geregelte Arbeitszeiten noch einen fixen Stundenlohn. Schiebt ihnen der Algorithmus keine Aufträge zu, gehen sie leer aus. So lassen sich die unternehmerischen Risiken geschickt auf die Arbeitenden abwälzen und diese gleichzeitig kontrollieren und disziplinieren.
So befördert die Gig-Economy auch den Trend zur massenhaften Überwachung und Datafizierung des Lebens. Sämtliche Interaktionen der Arbeitenden und Plattformnutzerinnen werden aufgezeichnet, algorithmisch gesteuert und bewertet. Nur, wer sich an die Vorgaben hält, erhält
längerfristig Zugang zu den Dienstleistungen. Ein Verständnis des gesellschaftlichen Zusammenlebens, das im Silicon Valley als alternativlos gilt.