Kind und Geld

Von der Finanzerziehung in Schule und Familie über die skandalös hohe Kinderarmut in der Schweiz bis
zur überraschenden Geschichte von Monopoly.
Illustration: Claudine Etter

Moneta #1-2021
Editorial

Theorie und Praxis

«Mama, schau, was ich gekauft habe!» Mit Unbehagen betrachtete ich die neonfarbenen Sneakers, die mir unser damals 14-jähriger Sohn entgegenstreckte. Er hatte sie soeben von seinem «Jugendlohn» erstanden, einem monatlichen, gemeinsam mit uns berechneten Fixbetrag für Mittagessen, Kleider, Hygieneartikel, Freizeit usw. Mein Unbehagen rührte von der schrecklichen Farbe der Sneakers, vor allem aber daher, dass solche Markenturnschuhe meist völlig überteuert sind. Ich ahnte, dass er das viele Geld bei den Mittagessen einsparen und sich bis Monatsende von billigem Fast Food ernähren würde. Ich seufzte innerlich und übte mich in Gelassenheit. Denn das von Fachleuten entwickelte Konzept des «Jugendlohns» sieht vor, dass Jugendliche ab zwölf Jahren ihr Monatsbudget selbstständig verwalten – was auch bedeutet, dass sie die Konsequenzen ihrer «Investitionsentscheide» selbst tragen müssen. Für uns Eltern hiess es also, darauf zu vertrauen, dass unserem Sohn die ungesunden Mittagessen nicht ernsthaft schadeten und er mit der Zeit lernen würde, sein Geld «vernünftiger» einzusetzen.
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Der «Jugendlohn» ist eine Möglichkeit, Finanzkompetenzen zu erwerben. Ebenso wichtig ist – wie verschiedene Artikel in dieser moneta zeigen –, mit Kindern und Jugendlichen über Geld zu reden. Über die Preise von Esswaren, Kleidern, Spielsachen, über Wohnungsmieten und Löhne, auch über weitergehende Fragen wie: Warum verdienen die einen viel, die anderen wenig? Wie funktioniert unser Wirtschaftssystem? Wie kann man mit Geld Gutes tun? Und wer bestimmt eigentlich, was wie viel wert ist? Diese Fragen sind alles andere als einfach, auch weil Geldthemen in unserer Gesellschaft oft tabu sind. Aber es lohnt sich, schon mit kleineren Kindern darüber zu sprechen und zu versuchen, offen und altersgerecht auf ihre Fragen einzugehen. So können sie nach und nach einen bewussten Umgang mit Geld entwickeln und sind gut gerüstet, um als Jugendliche die Verantwortung für ein eigenes Budget zu übernehmen. – Zumindest dachte ich das, bis unser Sohn mit den besagten Sneakers nach Hause kam. Inzwischen ist er fast erwachsen. Markenturnschuhe mag er immer noch, Fast Food aber nicht mehr. Es geht eben nichts übers praktische Üben, auch beim Umgang mit Geld.

Katharina Wehrli, Redaktionsleiterin
Artikel zum Thema

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